#Konkurrierende Planungsstudie „Zwischen Christophstraße und Storlachstraße“ Reutlingen. #1. Preis. #Städtebaulicher Entwurf. #Wohnungsbau

Gemeinsam mit den Landschaftsarchitekten von „frei raum concept“ aus Rottenburg konnten uns gegen vier weitere Planungsbüros durchsetzen und den Wettbewerb zur Neugestaltung des ehemaligen Bauhofs gewinnen 😀

Das Preisgericht meinte dazu:

Der Entwurf erzeugt einen Ort mit urbanen Merkmalen und eigener Prägung: Das neue Quartier fügt sich in baulicher Dichte und durch seine Freiräume harmonisch in den bestehenden städtebaulichen Kontext ein.
 
Als aktiven Verbindungsraum zwischen bestehendem und neuem Stadtviertel definieren die Verfasser die Christophstraße. Zwischen zwei richtig positionierten Plätzen, die den Straßenraum aufweiten, wird eine Shared-Space Fläche unter Alleebäumen angeboten. Zusammen mit den gewerblichen Nutzungen im Erdgeschoss bietet diese Planung die Chance, die Christophstraße zum Rückgrat des gesamten Stadtteils zu machen und diesem eine Mitte zu geben. 
 

Lageplan


Die neue zentrale Funktion der Christophstraße wird zusätzlich verstärkt durch die angelagerten multifunktionalen Nutzungen und Mobilitätsangebote. Die Plätze nehmen dabei die bestehenden Straßen aus dem Stadtteil Storlach geschickt auf, bilden gleichzeitig die Entrees in das neue Quartier. Hier entstehen öffentliche Räume mit Verbindungsfunktion, gutem Zuschnitt und aktiven Rändern.
 
Der nördliche Platz vereinigt überzeugend das neue Quartier mit dem Kinder- und Familienzentrum. Ideal für Fußgänger und Radfahrer ist die neue Querverbindung, die diesen Platz durch eine kleine Grünanlage entlang der Wohnanlage für geflüchtete Menschen mit der Storlachstraße verknüpft. Der südliche Platzraum setzt das Gebäude Christophstraße 11 mit seiner historisierenden Fassade gekonnt in Szene und macht es mit der Nutzung als Stadtteilkaffee zur Mitte des Platzes.
 

Neues Quartierszentrum


Leider sind die Erdgeschosse am südlichen Platz und entlang der Christophstraße nicht alle für eine gewerbliche Nutzung vorgesehen. Für die zentrale Funktion der Christophstraße als neues Rückgrat des Stadtteils bleibt hier eine Chance ungenutzt.
 
Architektonische Vielfalt wird durch fünf unterschiedliche Gebäudetypologien erreicht. Es werden Häuser mit 6 bis 38 Wohnungen für Bewohner in allen Lebenslagen nachgewiesen. Mit geschickter Anordnung werden drei Hofräume formuliert, die den Bewohnern als Orte der Begegnung dienen und damit Nachbarschaft und Integration fördern. Auch die Idee, Gemeinschaftsterrassen auf den abgesetzten 3- bzw. 4-geschossigen Teilflächen anzulegen, wird die Wohngemeinschaft stärken.
 
Die feinfühlige Gruppierung der Gebäudetypen sorgt dafür, dass an jedem Hofraum und jedem Platz unterschiedliche Wohnformen entstehen können: Passend für Baugemeinschaften, kleinere und größere Investoren. Damit wird dem Projekt eine exzellente Grundlage für eine gute und nachhaltige soziale Durchmischung mitgegeben. Bis zu 13 Parzellen können perfekt im Sinne der Reutlinger Wohnbauflächenoffensive umgesetzt werden.
 
Gestützt auf das Mobilitätskonzept, das auf Sharing und den Umweltverbund setzt (u.a. über 400 Fahrradabstellplätze) reduzieren der Verfasser den Stellplatzschlüssel auf 0,7. Hierdurch wird weniger Fläche unterbaut, was die Bepflanzung mit großen Bäumen und die Versickerung des auf den Grundstücken anfallenden Niederschlagswassers ermöglicht. In Hinblick auf die steigenden Temperaturen durch den Klimawandel sind beide Aspekte positiv zu bewerten: sorgen sie doch, zusammen mit der extensiven Dachbegrünung, für ein kühleres Mikroklima und damit für mehr Wohnqualität im Quartier.
 
Trotz der Reduzierung des Stellplatzschlüssels auf 0,7 sind die drei Hofräume nicht unerheblich von Tiefgaragen unterbaut. Hier hätten die Verfasser mutiger sein können: Die Reutlinger Wohnbauflächenoffensive lässt einer Reduzierung auf bis zu 0,4 zu.
 
Bezüglich des Klimawandels muss auch festgehalten werden, dass die Arbeit leider keine Aussagen zu einem Energiekonzept enthält.
 
Hauptelement der Freiraumgestaltung ist ein von Norden nach Süden verlaufendes grünes Band mit integriertem Weg. Zusammen mit der oben genannten Querverbindung und den Wegen durch das neue Quartier führt dieser Ansatz zu einer vollständigen Durchwegbarkeit des Blockinnern für Fußgänger und Radfahrer abseits der Straßen – ein gutes Angebot.
 
Das grüne Band funktioniert gleichzeitig als Sichtschutz gegen die Rückseiten der bestehenden Industriegebäude, ohne hier nachhaltig zu trennen. So können sich neue gewerbliche genutzte Gebäude künftig gut zum Grünzug hin öffnen, was eine besondere Lagegunst bedeutet. Das Grün dient zudem als weitere Retentionsfläche, damit soll die Einleitung von Niederschlagswasser in die Kanalisation vollständig ausgeschlossen werden.
 
Insgesamt erfüllt die Arbeit fast vollständig die umfangreiche und komplexe Aufgabenstellung mit ihren unterschiedlichen Perspektiven. Die Planung wurde mit bemerkenswerter Sorgfalt bearbeitet und zeichnet sich durch städtebauliche Präzision, Quartiersatmosphäre und typologische Vielfalt aus.